Manchmal fühlt es sich an, als würde mein Kopf nie Pause machen. Dieses ständige Gedankenkreisen – was heute neu-deutsch Overthinking genannt wird – ist für viele, die mit psychischen Erkrankungen leben, Alltag. Gedankenwirrwarr. Gedankenkarussell. Ich habe schon oft zu meinen Ärzten oder Therapeuten gesagt: Ich weiß nicht, was andere denken, aber ich habe manchmal das Gefühl, ich denke viel zu viel. Viel Gutes, aber auch viel Unsinniges und vor allem viel über Themen und Situationen, die mich eigentlich garnicht betreffen.
Wenn der Kopf keine Pause macht
Selbst in ruhigen Momenten, wenn eigentlich nichts los ist, kommt mein Kopf selten zur Ruhe. Es reicht schon ein kurzer Blick von jemandem, der mir irgendwie „komisch“ vorkommt, nachdem ich etwas gesagt habe – und zack, der Gedankenmotor springt an. Dann geht’s los mit Interpretieren, Grübeln, Hinterfragen. Meine Therapeutin meinte mal: „Sie sind wie ein Schwamm." Ich sauge sehr viel um mich herum auf und es entsteht daraus ein riesiges Gedankenlabyrinth.
Gedankenkarussell im Alltag: Grübeln kennt kein Ende
Ein banales Beispiel? Eine WhatsApp-Nachricht. Ich sehe sie aufploppen – und mein Kopf beginnt sofort, sämtliche Horrorszenarien zu spinnen. Was habe ich falsch gemacht? Warum schreibt sie oder er so? Dann zögere ich, lese die Nachricht ewig nicht, aus Angst vor dem Inhalt. Oder ich gehe nicht ans Telefon, weil ich nicht weiß, was mich erwartet - was der Anruf mit mir machen könnte.
Und das alles bleibt nicht ohne Folgen. Diese Gedanken lösen Gefühle aus. Diese Gefühle treiben mich manchmal zu Handlungen, die mir nicht guttun. Eine Entschuldigungsnachricht, obwohl objektiv nichts war – aber mein Kopf war wieder überzeugt, ich hätte etwas Falsches gesagt. Ich bin müde von diesem dauerlaufenden Motor da oben, selbst wenn ich durch die Therapien schon besser verstehe, warum ich so fühle und denke. Aber Verständnis allein reicht oft nicht, um ihn auszuschalten.
Zwischen Selbstschutz und Selbstzweifel
Was das Ganze finde ich so schwierig macht und vielleicht mag das Anderen auch so gehen: Ich hadere oft damit, ob ich das überhaupt loswerden will. Denn diese Art zu denken – die eine Frage mehr, das ständige Reflektieren - ist auch ein Teil von mir. Wenn ein Mitbewohner die Tür zu laut schließt, denke ich sofort an den schlafenden Dritten im Nebenzimmer. Ich bin dann nicht mal direkt beteiligt, aber ich fühle mit. Und genau da entsteht oft meine Empathie oder auch in anderen Situationen Kreativität. Diese Gedanken machen mich aus – auch wenn sie mich gleichzeitig belasten.
Wenn ich sie weghaben will, müsste ich wohl einen Teil von mir selbst loslassen. Doch ich bin sowieso oft so unsicher, wer ich eigentlich bin. Noch mehr an mir zu hinterfragen, würde mich wahrscheinlich noch unsicherer ob meiner Persönlichkeit machen.