Die Liebe. Sie scheint für viele Menschen das schönste Gefühl der Welt zu sein, doch für mich – einen Menschen mit teils unkontrollierbaren Gefühlen – war sie oft eine komplexe und überwältigende Herausforderung. Heute möchte ich euch einen Einblick geben in meine Beziehung zur Liebe, geprägt von Höhen, die sich wie Raketenstart anfühlten, und Tiefen, die mich oft an meine Grenzen brachten.
Liebe aus meiner Sicht
In einem Leben mit Borderline bleibt kaum ein Gefühl in „normalen“ Bahnen. Liebe fühlt sich manchmal an wie ein Sturm – ein plötzlich auftretendes, intensives Erlebnis, das einen mitreißt und völlig vereinnahmt. Die Gefühle kommen unerwartet, sind widersprüchlich und kaum kontrollierbar. Diese Intensität kann wunderschön sein, aber auch schmerzhaft, da ich oft das Bedürfnis verspüre, alles zu geben, manchmal auch zu viel - bisher immer meist zu viel.
Dabei stellt sich immer die Frage: Warum sollte jemand mich lieben? Dieses Selbstzweifel-Gefühl ist ständig da und aus Angst vor Verletzungen habe ich mich oft emotional abgeschottet. Manchmal frage ich mich, ob ich mich vielleicht selbst daran hindere, Liebe zuzulassen, aus der Furcht, dass die Nähe am Ende zu schmerzhaft werden könnte.
Das Missverständnis der Zuneigung
Ich erinnere mich an Freundschaften, die sich im Rückblick zu romantischen Gefühlen entwickelten – wie damals in Würzburg. Da war diese besondere Verbindung zu jemandem, die aus Freundschaft entstand. Ich gab alles und doch vielleicht zu viel. Immer wollte ich zeigen, wie sehr mir die andere Person bedeutete, schenkte Aufmerksamkeit und Zeit, schrieb Nachrichten und übertrieb. Für mich waren es Zeichen der Zuneigung, die zeigen sollten: Du bist mir wichtig. Doch letztlich führte es oft dazu, dass der andere überfordert wurde.
Spiegelbilder und Erkenntnisse
Vor nicht allzu langer Zeit traf ich jemanden, der mir wie ein Spiegel meines eigenen Inneren vorkam. Wir teilten die selben Zweifel, die gleichen Fragen, dieselbe innere Unruhe. Dieses Gefühl, verstanden zu werden, war ein Geschenk – etwas, das ich selten erlebt habe. Für einen Moment fühlte ich mich akzeptiert, vielleicht sogar geliebt, und ich konnte loslassen.
Doch mit dieser intensiven Nähe kam auch die Angst zurück. Ich wurde „zu viel“, schenkte, bot Unterstützung an – alles, um zu zeigen, wie wichtig mir die Person war. Letztlich fühlte ich mich doch wieder allein, als das Ganze zu Ende ging, und hinterfragte mein Verhalten, meine Handlungen.
Das ewige Hadern und Hoffen
In meinem Leben waren Beziehungen oft von Unsicherheit geprägt. Ein Teil von mir hofft immer, dass ich eines Tages eine gesunde, stabile Beziehung führen kann, ohne Angst, ohne Zweifel. Doch die Realität sieht oft anders aus. Bin ich überhaupt beziehungsfähig? Ich suche die Nähe und fliehe dann doch wieder, wenn es zu viel wird. Das sogar bei Familien, Freunden.
Diese Selbstzweifel sind schwer zu ertragen. Es ist ein ständiger Balanceakt zwischen dem Wunsch nach Geborgenheit und der Furcht vor Ablehnung. Die Frage, die mich dabei begleitet, lautet immer wieder: Werde ich je ankommen?
Ein Weg voller Herausforderungen und Erkenntnisse
Mit über 30 Jahren, zahlreichen Klinikaufenthalten und unzähligen Therapieeinheiten blicke ich auf ein Leben voller Herausforderungen. Doch jede Erfahrung, so schmerzhaft sie war, hat mir auch geholfen, mich selbst besser zu verstehen. Ich bin vielleicht in manchen Dingern anders, aber ich bin nicht allein. Meine Reise ist noch nicht zu Ende – sie geht weiter, Tag für Tag.
Liebe und Nähe bleiben ein Thema, das mich immer wieder neu herausfordert. Doch ich hoffe, dass ich eines Tages die Balance finde, die es mir ermöglicht, in einer Beziehung zu sein, ohne Angst davor, „zu viel“ zu sein oder nicht genug.